Homeoffice as usual
Corona hat auch meine Arbeit als Familienforscher verändert. Zunächst war davon noch nicht viel zu spüren, im März und April. Denn Homeoffice ist für mich Alltag. Etwa 80% der Zeit verbringe ich ohnehin am Computer, mit Kundenkontakten, Berichteschreiben, aber auch mit Recherchen.
Immer mehr Ressourcen sind online verfügbar auf Plattformen wie ancestry.de, familysearch.org oder archion.de. Allerdings gibt es natürlich auch immer noch sehr viele Kirchenbücher und andere Quellen, die nicht im Internet zu finden sind, und das wird auch noch sehr lange so bleiben. Dafür gibt es einfach zu viel, was unsere Vorfahren hinterlassen und andere Vorfahren noch nicht zerstört haben.
Archive
Die 20% meiner Arbeit, die ich nicht im Homeoffice verbringe, sind natürlich entscheidend, und je länger der Lockdown ging, desto spürbarer wurde das für mich. Schließlich gibt es schon in Berlin eine ganze Reihe von Archiven und Bibliotheken, die für mich wichtig sind. Auch mein Reise-Radius ist – wenn nötig – recht groß. Städte wie Hamburg, Hannover, Leipzig, Dresden, Magdeburg oder Schwerin habe ich schon häufig aufgesucht, mehrfach auch Archive in Prag, Stettin (Szczecin), Gorzów Wielkopolski (Landsberg/Warthe), Gniezno (Gnesen), Wrocław (Breslau) oder Zielona Góra (Grünberg).
Und das ging alles nicht mehr. Für die meisten meiner Aufträge gibt es zum Glück keine festen Fristen, und Ende April machte als erstes das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam wieder auf.
Andere Archive sind inzwischen gefolgt. Nur die kirchliche Leitung der genealogischen Forschungsstelle der Kirche der Heiligen der letzten Tage (Mormonen) in Berlin tut sich noch schwer. Etwas irrationale Ängste scheinen da auch eine Rolle zu spielen.
Warten
Von einem Normalbetrieb sind die Archive aber noch weit entfernt. Die Maske ist nicht schlimm. Wir haben uns ja überall erstaunlich schnell an den Bankräuberlook gewöhnt. Aber die Umsetzung von Abstandsregeln führt zu einer starken Reduzierung der zugelassenen Nutzerzahlen und damit zu Wartezeiten, die zum Teil mehrere Wochen betragen. Für das Archiv der Kirche von Mitteldeutschland in Magdeburg habe ich im Juni erst wieder einen Termin für Oktober bekommen. Das sind Einschränkungen, die sich stark auf meine Arbeit und auf die monatlichen Einkünfte auswirken, selbst wenn ich ihretwegen die meisten meiner Aufträge nicht verliere, sondern nur aufschieben muss.
Luxus Familienforschung
Andere mögliche Aufträge allerdings kommen gar nicht erst zustande – vielleicht später noch, aber wer weiß das schon! Mehrfach haben mir Kunden geschrieben, dass sie aufgrund ihrer eigenen beruflichen und finanziellen Einschränkungen zur Zeit keinen (Folge-)Auftrag erteilen können. Familienforschung wird in Pandemie-Zeiten noch mehr zum Luxusgut! Ein Ehepaar in den USA schrieb mir, dass sie beide im Gesundheitssektor tätig sind und dass die hohe Belastung durch Corona ihnen aktuell gar keine Zeit lässt, sich mit der Geschichte ihrer Familie zu befassen.
Neues
Natürlich lasse ich die Zeit, die mir aufgrund dieser Entwicklung zusätzlich zur Verfügung steht, nicht ungenutzt. So ist in der vergangenen Woche die lange geplante Neufassung meiner Website aus der Taufe getreten.
Sie ist optisch ansprechender und übersichtlicher als die bisherige. Oder? Außerdem gibt es neue Funktionen wie den Blog (mit diesem ersten Eintrag) und einen monatlichen Newsletter, den Sie hier abonnieren können.
Und Ihre Familienforschung?
Wie ergeht es Ihnen mit Ihren Forschungen in Corona-Zeiten, sei es beruflich wie ich oder privat? Wie ist Ihre Erfahrung mit Archiven nach dem Lockdown?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare und auf die Kommunikation mit Ihnen,
Ihr Marc Jarzebowski.