Archive und Bibliotheken

Das Jahr begann für mich, wie das alte geendet hatte: mit einem Nicht-Ende pandemiebedingter Einschränkungen. Allmählich kehrte aber auch in Archiven und Bibliotheken die Normalität zurück. Als ich zum ersten Mal wieder die Schranke zum Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden passieren konnte, ohne eine Reservierung, einen Ausweis, ein Testergebnis oder mein Handy mit dem Impfzertifikat vorzeigen zu müssen, verspürte ich geradezu Glück.

Staatsbibliothek Berlin
In manchen Archiven gab es durch die langen Schließzeiten Rückstaus, so dass es in einigen Einrichtungen Wochen dauern konnte, bis ein Termin zu bekommen war. Trauriger Rekordhalter war in dieser Hinsicht das Berliner Landesarchiv, aber auch das besserte sich im Verlauf des Jahres.

Landesarchiv Berlin
Familienforschung in Sachsen-Anhalt und mehr

Zum ersten Mal habe ich im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Wernigerode Familienforschung betrieben, das in einer alten Orangerie aus dem 18. Jahrhundert untergebracht ist. Das Wahrzeichen der Stadt ist das Rathaus aus dem 16. Jahrhundert. Wenn man auf dem Marktplatz davor steht, fühlt man sich sofort weit in die Geschichte zurückversetzt.

Landesarchiv Sachsen-Anhalt Wernigerode
Rathaus Wernigerode

Ein paar freie Stunden konnte ich für eine Wanderung im schönen Harz nutzen. Über die Gipfel fegte der Sturm, und leider sind die Waldschäden dort unübersehbar.

Wandern im Harz

Wenn es geht, verbinde ich meine Reisen im Dienst der Genealogie ja immer gerne mit Wanderungen, Radfahrten oder Besichtigungen. Auch privat bin ich dieses Jahr viel in Sachsen-Anhalt unterwegs gewesen, und die Geschichte begegnet einem dort auf Schritt und Tritt, etwa in der alten Bischofsstadt Havelberg oder dem romantischen Tangermünde an der Elbe.

Havelberg
Tangermünde
Schleswig-Holstein

Ganz neu hinzugekommen sind in diesem Jahr meine Reisen nach Schleswig-Holstein. In Lübeck habe ich das Holstentor besucht, das ich bis dahin nur von den Verpackungen des Niederegger Marzipans kannte, und die Salzspeicher, die dem Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau 1922 als gruselige Kulisse für seinen Stummfilm-Klassiker Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens diente. Die Familienforschung brachte mich fast bis an die Grenze zu Dänemark in die Stadt Schleswig, wo ich im Landesarchiv die Genealogie einer Familie im 18. Jahrhundert recherchierte.

Marc am Holstentor
Salzspeicher in Lübeck
Kirchenbücher in der Uckermark

Mehrmals bin ich wieder in die Uckermark gereist, eine dünn besiedelte und bei landlustigen Berlinern sehr beliebte Landschaft im nordöstlichen Brandenburg und südöstlichem Mecklenburg-Vorpommern. Hier gibt es eine Reihe von Kirchengemeinden, deren alte Kirchenbücher noch nicht mikroverfilmt oder digitalisiert wurden. Insgesamt etwa zehn Mal bin ich deswegen schon in die Kleinstadt Penkun gereist, um den großen Stammbaum zweier weitverzweigter Familien zu rekonstruieren. Einige Mitglieder dieser Familien waren im 19. Jahrhundert nach Amerika ausgewandert.

Pfarrkiche Penkun
im Pfarramt Penkun

Ich liebe die Ruhe dieses Provinzortes und die Natur an der Unteren Elbe sehr. Hier nehme ich mir immer die Zeit für eine Wanderung oder für einen Kurztrip über den Fluss. Dass die Grenze zu Polen in einem vereinten Europa offen ist, dass es hier so viel zwischenmenschlichen Austausch gibt, darüber bin ich jedes Mal wieder sehr froh.

an der Oder
Familiengeschichte und England

Den Sommerurlaub verbrachte ich dieses Jahr nach langer Zeit mal wieder in England. Der Brexit hatte mir das etwas verlitten. Dabei verbindet mich einiges mit dem Land und besonders mit London. Mit zwölf Jahren hatte ich die Metropole auf einer Kurzreise mit meinen Eltern kennengelernt, als junger Mann reiste ich mehrmals hierher und studierte für ein Jahr am Kings College. Jetzt kam ich mit meinem Sohn nach Cornwall zurück. Wir wanderten eine Woche lang auf dem Klippenpfad, wo ich selbst vor über dreißig Jahren gewandert war. Familiengeschichte also.

Cornwall
Genealogie heute

Auch in diesem Jahr habe ich wieder vom Inhalt und Umfang her sehr unterschiedliche Projekte in der Familienforschung, für Abwechslung ist also in jedem Fall gesorgt. Zu etwa 80 Prozent besteht meine Arbeit heutzutage aus Online-Arbeit. Das macht mir Spaß und es macht vieles natürlich leichter also noch vor zehn Jahren. Doch das Besondere für mich im Jahr 2022 war, dass ich auch wieder mehr reisen konnte, mehr Menschen getroffen habe, dass es mehr Austausch gab als in Zeiten der Pandemie.

Familiengeschichte unterwegs
Hobbies

Auch das geht in diesem Jahr wieder: Konzertbesuche. Ich habe großartige Konzerte der Berliner Philharmoniker hören dürfen in dem grandiosen Bau von Hans Scharoun am Potsdamer Platz. Diese Zeiten des musischen Genusses, der Leichtigkeit, des Verschwinden aller alltäglichen Sorgen durch die Kraft der Musik möchte ich nicht missen.

Berliner Philharmoniker
Und es gibt wieder Apfelwein. Nach zwei Jahren Pause habe ich mir in diesem Jahr – es war ein fantastisches Apfeljahr – wieder die Zeit genommen, Äpfel zu ernten und zu vermosten. Fast 100 Liter Apfelwein sind dabei herausgekommen, der Keller ist voll, und mit dem Vorrat komme ich sicher durch das kommende Jahr.
Apfelernte
Apfelwein
Ein persönliches Wort jenseits der Familienforschung

2022 war neben allen großartigen Projekten, Reisen und Begegnungen auch auf persönlicher Ebene für mich ein sehr glückliches Jahr. Danke!