Die Säule

Seit dem Jahr 2000 steht in Berlin-Lichterfelde an der Wismarer Straße 26-36 am Teltowkanal eine Stele aus Basalt-Lava, umwickelt von einer schweren, rostigen Kette. Diese Säule der Gefangenen des Rheinland-Pfälzischen Bildhauers Günther Öllers (1925-2011) erinnert an eine Außenstelle des Konzentrationslagers Sachsenhausen, das sich von 1942 bis 1945 an dieser Stelle befand.

Am Kanal

Mehrmals bin ich schon zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf dem schönen Weg entlang des Kanals an diesem ungewöhnlichen Mahnmal vorbeigekommen, aber noch nie ragte sie dabei aus einem Meer von Blumen empor so wie heute.

KZ Aussenlager Lichterfelde Blumen am Mahnmal

Victory-Day

Es ist der Tag nach dem Victory-in-Europe-Day, dem Jahrestag des Sieges über Krieg und faschistische Diktatur in Deutschland. Es ist ein Sonntag und der erste warme Tag nach einem viel zu kalten Frühling. Es drängt die Menschen förmlich nach draußen, und zu spüren ist auch eine – vielleicht nicht ganz ungefährliche – Euphorie über sinkenden Inzidenz-Zahlen und die schneller voranschreitende Impfkampagne.

KZ Aussenlager Lichterfelde Blumen am Mahnmal
SA-Gefängnis Papestraße: Haftraum für Frauen

Das Kind mit der Rose

Eine junge griechisch sprechende Familie nähert sich mit Rädern und Tretrollern. Der Vater verteilt mitgebrachte gelbe Rosen. Die Kinder legen sie an der Stele nieder, zu den zahlreichen Gestecken und Kränzen. Ein anrührendes, intimes Bild.

KZ Aussenlager Lichterfelde Mahnmal

Gedenken

Auf den Schleifen der Kränze stehen die Namen derer, die hier ihr Gedenken an das ehemalige Lager zum Ausdruck bringen: Die Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde e.V., die auch in diesem Jahr – trotz der Pandemie – am 8. Mai zu der Erinnerungs-Veranstaltung eingeladen hatte; der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, andere Interessensgruppen, die Ländervertretungen von Frankreich, der Ukraine, Norwegens, der Niederlande und Griechenlands.

Das Konzentrationslager

1500 Gefangene aus diesen und anderen Ländern waren in den von elektrisch geladenen Stacheldraht umgebenen Baracken untergebracht. Täglich mussten sie bis zu 15 Stunden in Einrichtungen der SS, in Ministerien oder Privathaushalten von NS-Funktionären arbeiten. Auf dem Weg zu und von ihren Arbeitsstellen kamen sie mit der Bevölkerung in Berührung, konnten teilweise zusätzliche Nahrung beschaffen. Einigen gelang die Flucht. Mindestens 41 der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter kamen ums Leben.

KZ Sachsenhausen Aussenlager Lichterfelde

Die Initiative

Über das Außenlager informiert an Ort und Stelle eine Text- und Bildtafel. Ausführliche Informationen über die Geschichte und über die Arbeit des Vereins sowie eine Video-Dokumentation über die Veranstaltung am 8. Mai sind auf dessen Homepage zu finden (siehe unten).
Cornelia Seibeld, Vizepräsidentin des Berliner Landesparlamentes, sprach in ihrem Grußwort den Kern dessen an, um den es in Zukunft in der Gedenkkultur in Deutschland geht:

Es ist wichtig das Gedenken lebendig, die Erinnerung wach zu halten, insbesondere, weil jedes Jahr weniger Zeitzeugen persönlich von dem Grauen dieser Tagen berichten können.

Was Blumen bewirken

Die Erinnerung wachzuhalten, das geht auf Dauer nur von Generation zu Generation. Der griechische Vater, dessen Vater oder Großvater vielleicht selbst Kriegsgefangener und ein Häftling in diesem Lager war, tut es, wenn er mit seinen Kindern hier Blumen niederlegt.
Viele werden heute im Vorbeikommen auf diesen Ort aufmerksam.
Eine andere Familie radelt in einigem Abstand zueinander vorbei. „Was ist das?“ ruft der Sohn. Der Vater brüllt zurück: „KAZETT!“.
Fragende Kinder und antwortende Eltern: Was Besseres könnten die Blumen an der Säule der Gefangenen bewirken?

Website der
Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde e.V.

Weitere Beiträge zur Erinnerungskultur auf dieser Seite:

Holocaust Gedenken (Zum ehemaligen KZ Sachsenhausen bei Berlin)

SA-Gefängnis Papestraße